Archiv der Kategorie: Sicherheitspolizeigesetz

Öffentliche Ordnung

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Tatbild der „Ordnungsstörung“ durch zwei Elemente gekennzeichnet: Zum ersten muß der Täter ein Verhalten gesetzt haben, das objektiv geeignet ist, Ärgernis zu erregen. Zum zweiten muß durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein (vgl. VwGH vom 25.11.1991, 91/10/0207).

Zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes bedarf es sohin eines besonders rücksichtslosen Verhaltens einer Person, das zu einer ungerechtfertigten Störung der öffentlichen Ordnung auch tatsächlich führen muss. § 81 Abs. 1 SPG stellt sohin ein Erfolgsdelikt dar. Das Tatbild setzt in diesem Sinne voraus, dass zu einer bestimmten Tathandlung (= besonders rücksichtsloses Verhalten einer Person) ein kausal herbeigeführter Erfolg (= Störung der öffentlichen Ordnung) eintritt (verhaltensgebundenes Erfolgsverursachungsdelikt; Hauer/Keplinger, SPG § 81 Anm. 1 mwN); maW: die Öffentliche Ordnung muss tatsächlich gestört werden. Dies ist bspw der Fall, wenn Personen wegen der Tathandlung warten müssen (VwGH 26.4.1993, 92/10/0130) oder wenn Personen, die zu einem Konzert Einlass suchen, abgedrängt werden (VfSlg 9860/1983).

Nach der Rechtsprechung ist die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört, wenn ein Zustand hergestellt worden ist, welcher der Ordnung widerspricht, wie sie an einem öffentlichen Ort gefordert werden muss (VfSlg 8145/1977). Eine Störung der öffentlichen Ordnung ist jedenfalls gegeben, wenn es zu einem Aufsehen oder zu einem Menschenauflauf kommt (VfSlg 4813/1964), wobei dies nicht erforderlich ist (vgl. VwGH vom 22.03.1983, 2415 und 2425/79). Jedenfalls muss durch das tatbildliche Verhalten entweder der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen oder aber ein bestehender Zustand von Dingen in wahrnehmbarer Weise gestört worden sein (VwGH vom 25.01.1991, 89/10/0021).

Der Spruch eins Bescheides hat in Ansehung des Tatbestandselementes der tatsächlichen Störung der öffentlichen Ordnung eine Aussage darüber zu enthalten, ob das Verhalten des Täters (einschließlich etwaiger Drohungen) von anderen Personen als der unmittelbar betroffenen wahrgenommen werden konnte und ob bzw. in welcher Weise allenfalls diese Personen darauf reagierten (vgl. VwGH vom 25.11.1991, 91/10/0207, mwN.).

Abgrenzung zu Oö. PolStG:
Zum Wesen einer Ordnungsstörung iSd § 81 Abs. 1 SPG 1991 gehört, dass am konkreten Zustand der öffentlichen Ordnung durch das Verhalten des Beschuldigten eine Änderung eingetreten ist. Soweit die behauptete Störung der öffentlichen Ordnung nach § 81 Abs. 1 SPG 1991 aber in einem Verhalten besteht, das zweifelsfrei ausschließlich als Verletzung des öffentlichen Anstandes zu qualifizieren ist, und sich demgemäß die Störung der öffentlichen Ordnung in dieser Anstandsverletzung erschöpft, fehlt dem Bund die Kompetenz, ein solches Verhalten unter Strafe zu stellen. Ein derartiges Verhalten unterfällt daher – soweit es nicht überdies zu Störungen der öffentlichen Ordnung geführt hat, die über das durch die bloße Anstandsverletzung zwangsläufig verursachte Aufsehen hinausgeht – ausschließlich den nach landespolizeilichen Vorschriften bestehenden Strafbestimmungen hierüber (vgl. VwGH vom 15.09.2011, 2009/09/0154, mwN.).

Wegweisung und Betretungsverbot

Wegweisung und Betretungsverbot sind gleichermaßen an die Voraussetzung geknüpft, dass auf Grund bestimmter Tatsachen (Vorfälle) anzunehmen ist, ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit einer gefährdeten Person stehe bevor. Ein gefährlicher Angriff ist nach § 16 Abs 2 SPG die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand ua nach dem Strafgesetzbuch handelt. Die Folge, dass wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs ein gefährlicher Angriff bevorsteht, wird vom Gesetz aber nicht vermutet, sondern ist vom einschreitenden Organ zu beurteilen. Welche Tatsachen als solche im Sinne des § 38a SPG in Frage kommen, sagt das Gesetz nicht (ausdrücklich). Diese Tatsachen müssen (auf Grund bekannter Vorfälle) die Annahme rechtfertigen, dass plausibel und nachvollziehbar bestimmte künftige Verhaltensweisen zu erwarten sein werden. Auf Grund des sich den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bietenden Gesamtbildes muss mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein, dass ein gefährlicher Angriff im genannten Sinn durch den Wegzuweisenden bevorsteht. Bei dieser Prognose ist vom Wissensstand des Beamten im Zeitpunkt des Einschreitens auszugehen (vgl VwGH 31.5.2012, 2012/01/0018 mwN) und zunächst zu fragen, ob er vertretbar annehmen konnte, dass ein gefährlicher Angriff erfolgt ist und ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevorsteht (vgl VwGH 21.12.2000, 2000/01/0003).