Archiv der Kategorie: Straßenrecht

Trassenverordnung

Einwendungen, die ausschließlich gegen eine mit Verordnung festgelegte Trassenführung gerichtet sind, können wegen der Bindung der Verwaltungsbehörde an Verordnungen im Verwaltungsverfahren, folglich auch in einem Enteignungsverfahren nach § 20 BStG, nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Wohl aber besteht nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges die Möglichkeit, in einer Beschwerde an den VfGH (Art 144 B-VG) oder an den VwGH (Art 131 B-VG) gegen einen Enteignungsbescheid die amtswegige Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens bzw. die Stellung eines Antrages auf Aufhebung der Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit nach Art 139 B-VG anzuregen (vgl. VwGH 25.07.1990, 87/17/0171).

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die Behörde infolge ihrer Bindung an die Trassenverordnung nicht auf die Einwendungen gegen den Trassenverlauf eingehen kann (vgl. VfSlg. 8592/1979).

Umfang einer straßenrechtlichen Bewilligung

Es ist der Straßenbaubehörde auf Grund sachlicher Erwägungen durchaus erlaubt, auf Grund der bestehenden Trassenverordnung die straßenbaurechtlichen Verfahren auf Teilstrecken getrennt abzuführen (VwGH 20.02.2007, 2005/05/0256).

Schon mit der Erlassung der Verordnung gemäß § 11 Oö. Straßengesetz 1991 ist das öffentliche Interesse an der Herstellung der Straße festgestellt, und die dort vorgenommenen Festlegungen, insbesondere die Linienführung der Straße im festgelegten Rahmen, präjudizieren das straßenrechtliche Bewilligungsverfahren (vgl. VwGH, 14.10.2003, 2002/05/0307, mwN.).

Die Behörde darf in einem straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren nach den §§ 31 f Oö. Straßengesetz 1991 bei Vorliegen einer Trassenverordnung nach § 11 Oö. Straßengesetz 1991 die Entsprechung des Vorhabens mit den Grundsätzen des § 13 Abs. 1 und 2 Oö. Straßengesetz 1991 nur mehr in einem eingeschränkten Umfang prüfen (vgl. VwGH 14.10.2003, 2001/05/1171, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Nur in dem Fall, dass bei der im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren gebotenen Konkretisierung des Straßenvorhabens eine Änderung der Sachverhaltsgrundlagen im Vergleich zum Verfahren betreffend die Erlassung der Trassenverordnung eingetreten ist, die eine weiter gehende Prüfung der im § 13 Abs. 1 und 2 Oö. Straßengesetz 1991 genannten Grundsätze erfordert, weil sie im Verfahren zur Erlassung der Trassenverordnung noch nicht (ausreichend) berücksichtigt werden konnten, hat eine Bedachtnahme auf diese im § 13 Abs. 1 und 2 Oö. Straßengesetz für die Herstellung der Straße genannten Grundsätze im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren zu erfolgen und darf diesbezüglich eine Ergänzung des Verfahrens vorgenommen werden, worauf die Parteien – insoweit ihre Rechte hievon betroffen sind – auch dringen können (VwGH, 14.10.2003, 2002/05/0307).

Im Rahmen des straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahrens ist ein Abspruch über Ansprüche aus dem Titel einer allfälligen Wertminderung der Liegenschaft nicht vorgesehen (vgl. VwGH vom 14.10.2003, 2002/05/0307).

Auflassung einer Straße

Kein subjektives Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an einer öffentlichen Straße. Das Oö. Straßengesetz 1991 sieht für die Auflassung von Gemeindestraßen keine besonderen, über die Möglichkeit der Stellungnahme zur Auflassungsabsicht hinausgehenden subjektiven Rechte der Anrainer vor (VfGH 14.12.2009, V37/09).

VfGH 23.09.2003, V75/03: Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass niemandem ein subjektives Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauches an einer öffentlichen Straße zukommt (VfSlg. 9309/1981, 10.423/1985, 14.275/1995); er hat auch in jenen Fällen die unmittelbare Betroffenheit in Rechten und mit ihr die Antragslegitimation verneint, in denen sich die behaupteten Wirkungen einer Verordnung ausschließlich als wirtschaftliche Reflexwirkungen darstellten (zB VfSlg. 8060/1977, 8670/1979).

VfGH 23.09.2003, V75/03: Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in ähnlichen Zusammenhängen bei Vorliegen besonderer Konstellationen auch schon wiederholt eine solche unmittelbare Betroffenheit in Rechten angenommen: So etwa dann, wenn durch eine Verordnung dem Antragsteller die einzige rechtliche Möglichkeit genommen wird, seinen zulässigerweise verfolgten Interessen nachzugehen, weil in einem solchen Fall über eine bloß wirtschaftliche Reflexwirkung hinaus die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers unmittelbar durch die Verordnung berührt werden (vgl. VfSlg. 8984/1980, 9721/1983, 15.871/2000).

Bauten und Anlagen an öffentlichen Straßen

Zur Beantwortung der Frage, ob eine „Sanierung“ bzw. „Instandsetzung“ eines Zaunes eine „Errichtung“ im Sinne des § 18 Abs. 3 Oö. Straßengesetz 1991 darstellen kann, muss auf die vergleichbare baurechtliche Terminologie eingegangen werden. Nach § 32a Oö. BauTG in der Fassung LGBl. Nr. 103/1998 ist ein Neubau die Herstellung eines Gebäudes, und zwar auch dann, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Bezogen auf § 18 Oö. Straßengesetz 1991 erscheint es angebracht, bei Zäunen darauf abzustellen, ob unter Verwendung des alten Betonsockels eine Neuherstellung erfolgte, sodass – analog zum Gebäude – auch in einem solchen Fall von einer „Neuerrichtung“ gesprochen werden kann. Gerade eine ausgewogene Bedachtnahme auf den in § 18 Abs. 3 Oö. Straßengesetz 1991 gewährten Bestandschutz einerseits, die in § 18 Abs. 1 Oö. Straßengesetz 1991 normierten Interessen an einer gefahrlosen Benützung der Straße andererseits, fordert eine derartige Betrachtungsweise: § 18 Abs. 3 Oö. Straßengesetz 1991 nimmt eben nur beim „Bestand“ in Kauf, dass die Interessen des Straßenverkehrs unberücksichtigt bleiben; wenn sich aber gerade im entscheidenden Bereich oberhalb des Sockels die Ausführung zur Gänze ändert, besteht kein berücksichtigungswürdiges Interesse daran, die seit 1991 bestehende Rechtslage unbeachtet zu lassen (VwGH 23.06.2008, 2006/05/0060).

Notwendigkeit einer straßenrechtlichen Bewilligung

Soll eine Privatstraße hergestellt werden, so ist dafür das Oö. Straßengesetz 1991 keine maßgebliche Grundlage. Somit sind auch die Bestimmungen der §§ 31 und 32 des Oö. Straßengesetzes 1991, die das Verfahren für die Erteilung einer straßenrechtlichen Bewilligung regeln, nicht anzuwenden. Die Notwendigkeit einer nachträglichen straßenrechtlichen Bewilligung könnte allerdings dann schlagend werden, wenn beispielsweise die besagte Privatstraße – nach ihrer Errichtung – ins öffentliche Gut der Gemeinde übernommen wird (vgl. VwGH vom 31.07.2006, Zl. 2005/05/0065). 

Parteienrechte im Straßenbewilligungsverfahren

Die Beschränkung der Parteistellung im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren auf Grundeigentümer, deren Grundstücke in einer bestimmten Entfernung von einer künftigen Straße liegen, ist nicht unsachlich, wenn diese Grundeigentümer nach einer Durchschnittsbetrachtung der typischerweise von der Straße ausgehenden Emissionen durch den Bau einer Straße in ihren durch das Gesetz geschützten Interessen betroffen werden (vgl. VfGH, 08.03.2016, E 1428/2015, mit Verweis auf VfSlg. 17.593/2005).

Die den Anrainern und Grundeigentümern im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren gemäß § 31 Abs. 3 Z. 2 und 3 . StrG zuerkannte Parteistellung ist – wie grundsätzlich jede Parteistellung im Verwaltungsverfahren – das Mittel zur prozessualen Durchsetzung materieller Rechte. Sie reicht demnach nicht weiter als die Rechte, zu deren Durchsetzung sie dient. Da die Parteistellung im Verwaltungsverfahren aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abzuleiten ist, muss sie auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechtes nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschrift beurteilt werden (vgl. VwGH vom 30.11.1999, Zl. 97/05/0262).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem zur hier maßgeblichen Rechtslage ergangenen Erkenntnis vom 6. März 2003, Zl. 2002/05/1160, ausdrücklich festgehalten, dass die subjektiven Rechte der Anrainer nach § 31 Abs. 3 Z. 3 . StrG im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren im § 14 dieses Gesetzes geregelt sind. Gemäß § 14 Abs. 3 . StrG kommt daher den genannten Anrainern nur hinsichtlich der im Abs. 1 dieser Gesetzesstelle behandelten Gesichtspunkte, also in Fragen des Immissionsschutzes („Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den auf diesen Straßen zu erwartenden Verkehr“) und des zur Vermeidung derartiger Beeinträchtigungen erforderlichen Aufwandes, ein Mitspracherecht zu (vgl. VwGH vom 14.10.2003, Zl. 2001/05/1171 und 2001/05/1172, mwN.).

§ 31 Abs. 3 Oö. Straßengesetz 1991 räumt einem Pächter eines betroffenen oder anrainenden Grundstückes kein subjektiv-öffentliches Recht ein, weil ein Pachtverhältnis kein dingliches Recht begründet (vgl. VwGH 20.12.2005, 2003/05/0098).

Errichtung bzw. Ausbau einer Straße

Nach § 12 Oö. Straßengesetz 1991 idgF umfasst die „Straßenverwaltung“, welche hinsichtlich der Verkehrsflächen der Gemeinde der (zuständigen) Gemeinde obliegt, die Herstellung und Erhaltung der Verkehrsflächen. Die Straßenverwaltung der Gemeinde ist damit grundsätzlich verpflichtet, innerhalb ihres Gemeindebereiches die dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen so zu erhalten, dass sie von allen Verkehrsteilnehmern bei Beachtung der Verkehrsvorschriften gefahrlos benützbar sind.
Die Bestimmungen des Oö. Straßenrechts räumen jedoch niemandem ein Recht auf Errichtung (Ausbau) einer öffentlichen Straße in einer bestimmten Art und Weise ein bzw. besitzt niemand einen Rechtsanspruch darauf, dass eine Straße oder ein Weg in einen bestimmten Zustand gebracht wird (vgl. VwGH vom 19.03.1991, Zl. 87/05/0188). Diejenigen, die beispielsweise öffentliche Verkehrsflächen im Rahmen des Gemeingebrauchs benützen, können zwar Maßnahmen hinsichtlich des Baues und der Erhaltung einer Straße anregen, ein verfolgbarer Anspruch auf den Ausbau oder auf eine wesentliche Verbesserung kommt ihnen jedoch nicht zu. Zeitpunkt und Umfang der Errichtung neuer oder des Ausbaues bestehender Verkehrsflächen richten sich in erster Linie nach den gegebenen finanziellen Möglichkeiten des Trägers der Straßenbaulast (Gemeinde). Die Ausbesserung von Straßen und Wegen hat ganz allgemein unter Berücksichtigung ihrer Verkehrsbedeutung, der Dringlichkeit und der verfügbaren Mittel der jeweiligen Gebietskörperschaft zu erfolgen (vgl. OGH vom 26.03.1969, Zl. 2 Ob 51/69).

Benutzung für Verkehrszwecke

Unter „Benutzung für Verkehrszwecke“ (iSd § 2 Abs. 1 Z 3 und § 5 Abs. 2 OÖ LStG 1991) kann jedes Bewegen von Fahrzeugen, jedes Gehen von Fußgängern bzw. auch das Fortbewegen von Personen mit Tieren mit dem Zweck der Fortbewegung zur Raumüberwindung verstanden werden. Dass es bei der Prüfung der Voraussetzung der „allgemeinen Benützung für Verkehrszwecke auf eine bestimmte Verkehrsfrequenz oder eine bestimmte Personenzahl ankommt, kann dem OÖ LStG 1991 ebensowenig entnommen werden wie die Relevanz einer bestimmten baulichen Ausgestaltung der Anlage. Entscheidend ist, ob der Verkehrsweg grundsätzlich für jedermann unter den gleichen Bedingungen benützbar ist, was seine grundsätzliche Eignung als Verkehrsweg und das Fehlen von Hindernissen voraussetzt, und somit zur allgemeinen Benützung frei steht (VwGH vom 25.09.2014, 2013/07/0295).

UVP-Pflicht

Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen die Bestimmungen des Art. 11 der Richtlinie 2011/92 über die Rechtsbehelfsmöglichkeiten der Mitglieder der Öffentlichkeit, die von unter diese Richtlinie fallenden Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen betroffen ist, nicht restriktiv ausgelegt werden. Vielmehr ist das Ziel zu berücksichtigen, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren (vgl. VwGH vom 29.09.2015, Ro 2014/05/0056, mwN.).

Die Bestimmung des § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 ermöglicht es den Behörden, einer Umgehung der UVP durch Aufsplitterung von Vorhaben auf mehrere Betreiber im Einzelfall entgegen zu treten, aber auch, unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung und Errichtung, die kumulative Wirkung gleichartiger Vorhaben zu erfassen. Hintergrund der Kumulationsbestimmung des Abs. 2 ist es zu verhindern, dass Großprojekte in Teilprojekte aufgesplittert werden, die für sich genommen die festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen, um damit das Gesamtprojekt einer Prüfung nach dem UVP-G zu entziehen. Voraussetzung der Kumulierung ist jedenfalls eine Gleichartigkeit der Vorhaben; für eine Kumulierung von Vorhaben, die in ganz unterschiedlichen Tatbeständen des Anhanges 1 geregelt sind, bietet § 3 Abs. 2 UVP-G 2000 keinen Raum, weil zusammenrechenbare Schwellenwerte oder Kriterien nicht gegeben sind (vgl. VwGH vom 15.12.2009, 2009/05/0303).

Öffentliches Interesse einer Straße

Da schon im Verfahren zur Festlegung des Straßenverlaufes durch eine Verordnung nach § 11 Abs. 1 Oö. Straßengesetz 1991 diejenigen (und zwar sämtliche) Grundsätze für die Herstellung und die Erhaltung von öffentlichen Straßen gemäß § 13 Abs. 1 und 2 Oö. Straßengesetz 1991 einzuhalten sind, die auch als Voraussetzung für die Erteilung der straßenbaurechtlichen Bewilligung gemäß § 32 Abs. 2 Oö. Straßengesetz 1991 zu beachten sind, ist davon auszugehen, dass schon mit der Erlassung dieser Verordnung das öffentliche Interesse an der Herstellung der Straße festgestellt ist und die dort vorgenommenen Festlegungen, insbesondere die Linienführung der Straße im festgelegten Rahmen, das straßenrechtliche Bewilligungsverfahren präjudizieren (vgl. VwGH vom 14.10.2003, 2001/05/1171, mwN.).