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Waffenpass

Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl. etwa VwGH vom 21.10.2011, Zl. 2010/03/0058).

Waffenverbot

Bei einem Waffenverbot wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht über eine strafrechtliche Anklage (iSd Art 6 EMRK) entschieden, vielmehr handelt es sich dabei um eine administrativrechtliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung (vgl. etwa VwGH vom 19. März 2013, 2012/03/0180).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa VwGH vom 18.09.2013, 2013/03/0072, mwN) dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger („missbräuchlicher“) Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde (VwGH vom 27.01.2016, 2016/03/0002).

Entscheidend für die Verhängung eines Waffenverbotes ist, ob der von der Behörde angenommene Sachverhalt „bestimmte Tatsachen“ iSd § 12 Abs. 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Demgegenüber ist die Versagung bzw. der Entzug waffenrechtlicher Urkunden (vgl. § 21 Abs. 1 bzw. § 25 Abs. 3 WaffG) schon bei fehlender waffenrechtlicher Verlässlichkeit (vgl. § 8 WaffG) gerechtfertigt, die insofern an andere, weniger strenge Anforderungen geknüpft sind (vgl. etwa VwGH vom 28. November 2013, 2013/03/0084).

Es ist ersichtlich, dass die Entscheidung, ob ein Waffenverbot zu verhängen ist, keine Ermessensentscheidung ist (arg. „…hat…“, siehe auch VwGH vom 12. September 2002, Zl. 2000/20/0425).

Um zu einer derartigen Entscheidung zu kommen, ist eine Prognoseentscheidung durchzuführen. Diese Prognose hat auf Tatsachen zu basieren. Die angenommenen Tatsachen müssen wiederum die zukünftige Missbrauchsmöglichkeit (im Hinblick auf die geschützten Rechtsgüter: Leben, Gesundheit, Freiheit und fremdes Eigentum) begründen. Eine Missbrauchswahrscheinlichkeit wird nicht gefordert. Ebenso ist nicht gefordert, dass bereits einmal ein Missbrauch stattgefunden hat (vgl. VwGH vom 18. März 2011, Zl. 2008/03/0011).

§ 12 Abs. 1 WaffG erlaubt es ua. nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, im Interesse der öffentlichen Sicherheit bestimmten Menschen den Besitz von Waffen überhaupt zu verbieten; eine Einschränkung des Waffenverbotes auf eine bestimmte Art von Waffen (etwa genehmigungspflichtige Schusswaffen) kommt nicht in Betracht (vgl ua. VwGH vom 18. September 2013, 2013/03/0050).

Im Fall einer verurteilenden Entscheidung durch ein Strafgericht besteht eine Bindung der Verwaltungsbehörde in der Frage, ob ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand erfüllt wurde; dagegen haben im Fall eines freisprechen-den Urteils die Waffenbehörde und das nachprüfende VwG eigenständig zu beurteilen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der nach den hiefür vom WaffenG vorgegebenen Kriterien die Erlassung des Waffenverbots rechtfertigt (vgl. VwGH vom 26.04.2016, Ra 2016/03/0009 ).

Alkoholmissbrauch für sich genommen vermag ein Waffenverbot nicht zu begründen (vgl. VwGH vom 30. Juni 2011, 2008/03/0114, betreffend einen zeitweiligen, und VwGH vom 25. Jänner 2001, 2000/20/0153, betreffend einen chronischen Alkoholmissbrauch). Vielmehr wurden in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Voraussetzungen für die Verhängung eines Waffenverbots nur dann angenommen, wenn zum Alkoholkonsum noch zusätzliche Gefahrenmomente hinzutreten. Derartige zusätzliche Gefahrenmomente liegen beispielsweise vor, wenn sich der Betroffene nach dem Genuss von Alkohol wiederholt aggressiv zeigte (vgl. VwGH vom 25. Jänner 2001, 2000/20/0153, mwN). Daraus lässt sich allerdings der Umkehrschluss, bei einer festgestellten einmaligen Gewalttat könne von der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG 1996 keinesfalls ausgegangen werden, nicht ziehen (VwGH vom 30.01.2014, 2013/03/0119).

Aufbewahrung

Auch die getrennte Aufbewahrung von Waffen und Munition vermag an der Feststellung der nicht sicheren Verwahrung nichts ändern. Nach ständiger Rechtsprechung wird der Gebrauch von Waffen durch Unbefugte nicht dadurch verhindert, dass die Waffen ungeladen oder nicht gebrauchsfähig sind. Denn der ungehinderte Zugriff zu den Waffen ermöglicht es dritten Personen, diese an sich zu nehmen und durch Laden bzw. Ergänzung fehlender Teile verwendungsfähig zu machen (VwGH vom 26. Februar 1992, 91/01/0191).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt das Zurücklassen einer Faustfeuerwaffe selbst in einem versperrten PKW keine sorgfältige Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 zweite Alternative WaffG dar (vgl. zum inhaltsgleichen § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG 1986 z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, 95/20/0014, mwN). Versperrte Fahrzeuge – selbst wenn sie mit einer Alarmanlage ausgerüstet sind – bieten im Allgemeinen nicht die nötige Sicherheit dafür, dass die darin befindlichen Waffen nicht in die Hände unberufener Personen gelangen (VwGH vom 5. Juni 1996, 95/20/0156 mwN). Es kommt dabei nicht darauf an, dass die Waffe von außen sichtbar ist (VwGH vom 9. September 1981, 81/01/0102, oder auch Verwaltungsgerichtshof vom 24. Jänner 1995, 94/20/0855, betreffend das Zurücklassen einer Waffe im Kofferraum eines versperrten PKW).

Verlässlichkeit

Vor Ausstellung einer Waffenbesitzkarte gemäß § 21 Abs. 1 WaffG hat die Behörde u.a. die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Antragstellers im Sinne des § 8 WaffG zu prüfen. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherungsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen ist (z.B. VwGH vom 24.03.2010, 2009/03/0156).

Die „Tatsachen“ im Sinne des § 8 Abs 1 Waffengesetz als Ausgangspunkt der Prognoseentscheidung sind nicht eingeschränkt; es kommt jede Verhaltensweise, jede Charaktereigenschaft der zu beurteilenden Person in Betracht, die nach den Denkgesetzen und der Erfahrung einen Schluss auf ihr zukünftiges Verhalten im Sinne des § 8 Abs 1 Z 1 bis 3 Waffengesetz zulässt, also erwarten lässt, der Betreffende werde Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, damit unvorsichtig umgehen oder sie nicht sorgfältig verwahren oder sie Menschen überlassen, die zu deren Besitz nicht berechtigt sind (VwGH vom 18.10.2005, 2005/03/0060).

Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass das Verbringen einer Waffe in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ohne entsprechende Erlaubnis (ebenso wie der unbefugte Besitz von Waffen) allein mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung noch nicht die Annahme der Unverlässlichkeit rechtfertigt. Derartige Verstöße können aber die Beurteilung mangelnder Verlässlichkeit dann rechtfertigen, wenn sie im Rahmen einer gesamthaften Beurteilung der Geisteshaltung und Sinnesart des Betroffenen die Verlässlichkeit in Frage stellen. Das kann dann der Fall sein, wenn ein solcher Verstoß zu weiteren berücksichtigungswürdigen Umständen hinzutritt (VwGH vom 21.10.2011, 2010/03/0156).

Bei der Beurteilung des unbefugten Besitzes kommt den konkreten Umständen, wie die Verschuldensform, die Dauer des unberechtigten Besitzes und allfälliger Versuche der Legalisierung, maßgebliche Bedeutung zu. (VwGH vom 28.02.2006, 2005/03/0019).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem klargestellt, dass auch ein einmaliges Fehlverhalten zur Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit führen kann, und zwar selbst dann, wenn die Zugriffsmöglichkeit auf die Waffe nur relativ kurze Zeit bestand, wobei weder entscheidend ist, ob ein Zugriff auf die Waffe durch Unberechtigte tatsächlich erfolgte, noch, ob die Waffe geladen oder ungeladen aufbewahrt wurde (VwGH vom 23.11.2009, 2007/03/0180).

Verstreicht nach einem Anlassfall ausreichend lange Zeit, in der sich der Bf in waffenrechtlicher Hinsicht verlässlich gezeigt hat, also keine Verhaltensweisen gesetzt hat, die erneut seine Verlässlichkeit in Zweifel ziehen ließen, ist darin eine wesentliche Änderung der Tatsachenlage zu sehen, wobei der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im Erkenntnis vom 26. April 2011, Zl. 2011/03/0067, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 23. November 2009, Zl. 2007/03/0059 erkannt, dass ein Zeitablauf von mehr als fünf Jahren regelmäßig als wesentliche Änderung des für die Beurteilung der Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhalts anzusehen wäre.