Spruch im Straferkenntnis

Gemäß § 44a VStG ist die als erwiesen angenommene Tat der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt. Der Beschuldigte hat in diesem Sinne das Recht, dass ihm die Tat richtig und vollständig vorgehalten wird (VwGH 8.8.2008, 2008/09/0042). Die Umschreibung dieser Tat hat bereits im Spruch zu erfolgen und muss so präzise sein, dass der Bf nicht der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt ist und er sich entsprechend verteidigen kann (statt vieler VfSlg 11.894 A/1985). Die Tat muss somit alle Tatbestandselemente umfassen und darf keinen Zweifel daran lassen, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 23.4.2008, 2005/03/0243). Ungenauigkeiten haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden (VwSlg 15.745 A/2001).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuord­nung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl. mwN. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, [2004], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

Das Nachschärfen der Umschreibung der Tat ist vor dem Hintergrund des Schutzzweckes des § 44a VStG begrenzt und darf die Tat einerseits nicht ausgetauscht werden (zB VwGH 27.2.2015, 2011/17/0131) und ist andererseits ein Ergänzen bzw. Nachschärfen der Tat nur im Rahmen der Verfolgungsverjährung zulässig (zB VwGH 10.12.2008, 2004/17/0226).

Eine Befugnis des VwG zur Ausdehnung des Gegenstandes des Verfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens im Sinn des § 50 VwGVG 2014 hinaus, wurde durch die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 nicht geschaffen (vgl. VwGH vom 5.11.2014, Ra 2014/09/0018, mwN zur Rechtslage vor Schaffung der VwG; der VwGH hat darin festgehalten, es sei kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH zum Berufungsverfahren in Verwaltungsstrafsachen abzugehen wäre). So würde etwa eine Ausdehnung des Tatzeitraums erst im Beschwerdeverfahren in Verwaltungsstrafsachen vor dem VwG eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs und der Sache des Beschwerdeverfahrens im Sinn des § 50 VwGVG 2014 darstellen (vgl. VwGH vom 16.03.2016, Ro 2014/04/0072). Nichts anderes kann im Hinblick auf die Ausdehnung der Tathandlung (Tatbestandselemente) selbst gelten.

Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im sprachlichen erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides (vgl. VwgH vom 27.05.2011, 2010/02/0231).