Öffentliche Ordnung und Sicherheit

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes „sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde“ im § 11 Abs. 4 Z 1 NAG eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils, an Hand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. ua. VwGH 27.09.2010, 2009/22/0044).

Nach der diesbezüglich ergangenen Judikatur (vgl. die Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 27. Oktober 1977, Rs 30/77, Bouchereau, vom 19. Jänner 1999, Rs C 348/96, Calfa, und vom 10. Februar 2000, Rs C 340/97, Nazli) kann aber das bloß tatbildmäßige Verhalten eines Fremden auch im Verständnis des Europarechts im Einzelfall die Beurteilung rechtfertigen, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Sicherheit gefährden. Freilich dürfen Änderungen in den Lebensumständen des Fremden, die gegen den Fortbestand einer solchen Gefährdungsprognose sprechen, bei einer solchen Beurteilung nicht ausgeklammert werden.

Bei der Beurteilung, ob eine solche Annahme gerechtfertigt ist, muss nicht auf das Vorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung abgestellt werden. Auch das Anzeigen an Behörden oder Gerichte zu Grunde liegende Verhalten kann – wie auch sonstiges Fehlverhalten – zur Annahme führen, der Aufenthalt eines Fremden würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit hervorrufen. Dabei ist aber auf die Art und Schwere des den Anzeigen zu Grunde liegenden Fehlverhaltens abzustellen. Die bloße Tatsache einer Anzeigeerstattung reicht für die genannte Annahme nicht (vgl. E. des VwGH vom 3. April 2009, 2008/22/0711 und vom 19. Februar 2014, 2011/22/0009).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum FrPolG 2005 ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose nämlich das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei kann zur Begründung einer Gefährdung auch das einer bereits getilgten Verurteilung zugrunde liegende Verhalten herangezogen werden (vgl. VwGH vom 20.08.2013, 2013/22/0113, mwN.; sowie VwGH vom 09.11.2011, 2010/22/0165, zum NAG 2005).

… (zur Relevanz von gefährlichen Drohungen bzw. Nötigungen vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1996, Zl. 96/19/0899, und vom 4. Februar 2000, Zl. 99/19/0075).

Auch mit den wiederholten illegalen Einreisen vermag die belangte Behörde ihre Annahme über die Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht zu stützen. Ein unrechtmäßiger Aufenthalt führt für sich allein nämlich nicht zum Fehlen der Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z 1 NAG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 2012, 2010/21/0255).